Kolumnen

Mit unserer Öffentlichkeit ist etwas nicht in Ordnung, das empfinden derzeit viele. »Würde man sie als Person beschreiben, so wäre man ungern in ihrer Nähe. Sie ist reizbar, versteht alles falsch, reagiert auf die leisesten Töne mit aggressiver Zurechtweisung, und sie stellt sich taub, wenn sie kritisiert werden soll. Die Öffentlichkeit ist ein unangenehmer Zeitgenosse geworden.« So beschreibt es Bernd Stegemann in einem der seltenen bildhaften Momente seines Buchs.

Wir sind wieder in Pajala. Zwanzig Jahre, nachdem Matti und Niila hier in „Populärmusik aus Vittula“ den Rock ´n Roll entdeckt haben, finden wir uns am selben Ort wieder, dieses Mal aber mitten im neunzehnten Jahrhundert, zwischen Armut, Alkohol, Gewalt und Angst, aber auch umgeben vom religiösem Erweckungsgeist, wissenschaftlicher Aufklärung und künstlerischer Emphase.

Eines meiner wichtigsten Bücher ist der kleine Roman »Spätholz« von Walter Kauer. Ich habe ihn bestimmt fünfzehnmal verschenkt, beim größten globalen Versandhandel wird das Exemplar einer alten Rowohlt-Ausgabe für den verwirrend niedrigen Preis von einem Cent gehandelt. 

Das Buch erzählt die Geschichte des armen Bergbauern Rocco Canonica im Tessin, dessen Tal für einen Staudamm geflutet werden soll. Er ist ein harter Mann, dessen Strenge auf seltsame Weise mit der Arbeit zusammenhängt. Denn dem Berg Essen abzuringen, das ist eine ungeheure Anstrengung und verlangt die tägliche Auseinandersetzung mit dem Boden, seinem Gefälle und dem knappen Wasser.