25 Juni Zille am Bruchsee
Unser kleiner Dorfsee entstand vor beinahe 200 Jahren bei einem verheerenden Hochwasser. Die Alte Oder, damals schon nach beiden Seiten von Deichen begrenzt, schwoll massiv an, bis schließlich auf einer Seite der Deich brach. Das hier ausströmende Wasser kolkte ein riesiges Loch aus. Als es schließlich wieder abgeflossen war, blieb der kleine See übrig. Es war aussichtslos, ihn wieder zu verfüllen, also baute man den Deich drumherum, der nun also einen großen Bogen beschreibt. Da der See recht tief ist, bewahrt er auch im Sommer meist eine angenehme Kühle. Er ist außerdem immer noch mit der Alten Oder verbunden, das scheint ihm und seinem Wasser gut zu tun. Unsere Feuerwehr macht hier ihre Übungen und kümmert sich auch um das ganze Gelände.
Im Sommer ist es manchmal richtig voll an den Ufern. Wie haben hier im Bruch nicht so viele Seen, also findet man sich bei hohen Temperaturen gern in Neutornow ein, um sich zu erfrischen. Das kleine Tal, das sich zwischen den Deichen und den Höhen des Neuenhagener Sporns erstreckt, wird in diesen Momenten zu einem Schmelztiegel. Die Bewohner des Dorfs kommen natürlich vorbei, obwohl sie an ganz vollen Tagen gern auf die Randzeiten ausweichen. Denn nun sind auch die Leute aus der nächsten Kleinstadt da, die per Rad, Auto oder sogar zu Fuß an den See strömen. Auch die Menschen aus dem Flüchtlingsheim haben den See für sich entdeckt, man hört andere Sprachen. Mopedgangs lassen sich zahlreich nieder, meist mit lauter Musik. Ein Uferbereich wird gern meist von den Anglern okkupiert, etwas weiter hinten sammeln sich die Jugendlichen. Es sind immer wieder Hunde da, obwohl diese nicht ins Wasser sollen, so ist es am Weg, der zur Badestelle führt, ausgeschildert. Die Zugezogenen aus Berlin kommen auch vorbei, mit ihren Kindern und ihren Paddelbrettern. Es wird gegrillt, getrunken, gefuttert.
Man sieht viele Tätowierungen, viel Übergewicht, viele kuriose Badeutensilien. Früher schwamm ein begehrter Baumstamm im Wasser, an dem man sich festhalten und mit dem man, vor allem in Gruppen, wunderbaren Quatsch machen konnte. Den hat aber jemand weggeschafft. In der Jugendecke am oberen Rand des Sees gab es mal einen überhängenden Baum, von dem man ins Wasser springen konnte, später ein Schaukelseil. Aber es ist jemand dort ums Leben gekommen, also wurde das abgeräumt.
Als Anwohner, der oft hier schwimmen geht, fühle ich mich manchmal gestört, wenn es so voll und laut ist und so viel Müll dagelassen wird.
Aber dann sage ich mir, dass es schön ist, dass alle hier ihren Spaß haben. Die Kinder spritzen und krietschen und die Erwachsenen machen mit. Keiner daddelt auf seinem Handy. Es ist doch gut, wie es ist.
Dennoch ist es wichtig, dass der kleine See unser Dorfsee bleibt. Denn die Leute von hier haben ein Auge auf alles, und ihnen ist es zu verdanken, dass die Stadt auch ihre Arbeit macht, den Müll abholt und eine ordnende Hand schickt. Sonst wäre der See nach kurzer Zeit eine Kloake, und niemand hätte mehr Freude daran.