REDEN 09_Brustton der Überzeugung – leicht gemacht

Wollen Sie in der Öffentlichkeit rhetorische Gewinne erzielen, empfiehlt es sich, an ihrem persönlichen Brustton der Überzeugung zu arbeiten. Hier erklären wir Ihnen in sieben einfachen Schritten, wie es geht.

  1. Verleihen Sie ihrer Stimme einen möglichst vollen Klang. Sprechen Sie laut und gestützt. Wenn möglich, vorher üben! Merke: Der Brustton der Überzeugung ist am wirkungsvollsten, wenn er mit Stimmsitz erklingt.
  2. Teilen Sie die Zuhörerschaft gedanklich in zwei Parteien. Partei eins ist jene, deren Beifall sie anstreben, die Zustimmung von Partei zwei lehnen Sie dagegen erkennbar ab. Der Brustton der Überzeugung klingt am Schönsten, wenn er im Freund-Feind-Schema angestimmt wird.
  3. Da Sie sich von vornherein auf eine Seite schlagen, wählen sie möglichst die stärkere Seite. So können Sie sich eines großen Rückhalts sicher sein, und der Brustton bekommt eine bessere Resonanz. Wenn sie sich ihrer Sache ganz sicher sind, können sie gern den einen oder anderen Witz auf Kosten der anderen Seite anbringen.
  4. Deuten sie trotzdem an, wie viel Mut es sie kostet, ihre Überzeugung auszudrücken. Stellen Sie daher die gegnerische Gruppe möglichst übermächtig dar und mischen Sie in den Brustton Anzeichen individueller Zerbrechlichkeit.
  5. Lassen Sie keine offenen Fragen zu und verweisen Sie auf längst gesichertes Wissen. Ein guter Brustton steht auf einem festen Fundament, das sich durch Zuhilfenahme von Expertenwissen leicht errichten lässt. Verwenden Sie auch keine analytischen oder beschreibenden Begriffe, gebrauchen Sie vielmehr duale Muster wie „richtig“ und „falsch“ oder „gut“ und „böse“. Formulierungen wie „Wer so etwas sagt, ist entweder dumm oder zynisch“ machen auch einen starken Eindruck. Unterschiedliche Perspektiven bringen die Leute dagegen nur durcheinander und lassen den Brustton verkümmern.
  6. Runden Sie ihren Brustton ab, indem Sie die eigene Position als ausgewogen und differenziert, die der anderen aber als abwegig und extremistisch bezeichnen. Sie müssen das nicht nachweisen, es genügt die Versicherung, dass ihre Sichtweise vernünftig ist!
  7. Beenden Sie ihr Statement mit einem Verweis auf die Dringlichkeit und Dramatik ihres Anliegens. Geben Sie dem Brustton einen Hauch an Empörung zu und machen Sie allen klar, dass die Sache keinen Aufschub duldet, weil es sonst zu spät ist. Nur ein in Eile erklingender Brustton ist ein guter Brustton!
    Wir wünschen ihnen viel Freunde beim Einüben ihres persönlichen Brusttons der Überzeugung! Merke: Wer sich darin übt, für den hält jeder Tag einen neuen Versuch bereit. Denn die Welt will auch morgen noch von Ihnen ganz persönlich gerettet werden!

P.S. Der Text reagiert auf diesen Aufruf von Ulrike Meier und Kenneth Anders.

Kenneth Anders
k.anders@oderbruchpavillon.de

studierte Kulturwissenschaften, Soziologie und Philosophie in Leipzig und Berlin und fand den Einstieg in die Landschaftsthematik durch die Gestaltung einer Ausstellung über die Entstehung der Naturschutzeule in Bad Freienwalde am Haus der Naturpflege. 2004 gründete er mit Lars Fischer das Büro für Landschaftskommunikation. Kenneth Anders ist außerdem als Autor und Sprecher tätig.